Beratung zum Gelenkerhalt/-ersatz
Gelenkerhalt
Als Unfallchirurg und Orthopäde muss man, bevor man ein Gelenk ersetzt, alles dafür tun, es zu erhalten, denn ein Ersatz birgt immer Risiken.
Ist die Gelenkspiegelung (Arthroskopie) sinnvoll?
Wenn ein Patient bei anhaltenden Schmerzen im Hüft- oder Kniegelenk rechtzeitig zur Behandlung kommt, können im Rahmen einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) bestimmte Schäden beseitigt werden. An der Hüfte handelt es sich meist um freie Gelenkkörper und angeborene Knochenwulste, die auf diese, sehr schonende Weise entfernt werden können. Am Knie können bei der Arthroskopie Meniskus- und Knorpelschäden geglättet werden. Dadurch kann der Verschleiß eines Gelenks in vielen Fällen verzögert und im besten Fall ganz aufgehalten werden. (Abb. 1).
Abb. 1 Dieses Arthroskopie-Standbild zeigt einen stark degenerativ veränderten Innenmeniskus. Das Meniskus-Gewebe ist zerschichtet und ausgefranst. Teile des Meniskus klemmen sich im Gelenkspiel ein. Die angrenzenden Knorpelflächen der Oberschenkelrolle und des Schienbeinkopf-Plateaus sind aber noch nicht geschädigt.
Verzerrte Darstellung in der Presse
Leider geistern immer wieder Berichte durch die Presse, die die Patienten verunsichern. Angeblich sei ein Großteil der Arthroskopien unnötig, heißt es – auch in seriösen Blättern.
Es mag schon sein, dass es immer wieder mal den ein oder anderen unnötigen Eingriff gibt. Es mag auch sein, dass der eine oder andere Patient seine Beschwerden durch die Gelenkspiegelung nicht loswird. Aber die Presse zieht solche Einzelfälle als Beweis für die angebliche Sinnlosigkeit eines höchst segensreichen Verfahrens heran. Mit seriöser Berichterstattung hat das nichts zu tun. Einzelfälle sagen nichts über die Qualität einer Methode aus. Nur die Gesamtschau, also die statistische Auswertung großer Kollektive, vermag dies.
Die Arthroskopie ist eine große Errungenschaft der Medizin
Jedes Jahr werden in der Bundesrepublik Hunderttausende von Patienten arthroskopiert. Fast alle Patienten erleben durch den Eingriff eine dramatische Besserung ihrer Beschwerden. Mit dieser Methode konnten im Laufe der vergangenen 3 bis 4 Jahrzehnte Millionen Menschen vor der Notwendigkeit eines Gelenkersatzes bewahrt werden. Damit gehört die Arthroskopie zu den ganz großen Errungenschaften der Medizin.
Beinachsenkorrekturen
Ein weiteres Verfahren zur Vermeidung eines drohenden Gelenkersatzes ist die Beinachsenkorrektur. Wenn eine Verkrümmung der Beinachse (O-Bein, X-Bein) zur Abnutzung des Kniegelenks geführt hat, kann man die Beinachse korrigieren. Zwar kann man durch die Geradstellung des Beins nicht jedes Kniegelenk erhalten, aber den Zeitpunkt für einen Ersatz zumindest deutlich hinauszögern. Voraussetzung dafür ist, dass die Umstellung erfolgt, wenn der Knorpel noch nicht zu sehr zerstört ist (Abb. 2).
Abb. 2 Aufklappende Beinachsenkorrektur am Schienbeinkopf – Fixierung mit einer winkelstabilen Platte. (Zeichner: Bodo Gsedl)
Behandlung von Knorpelschäden
Es gibt zahlreiche Verfahren, zerstörten Knorpel wieder aufzubauen. Die besten Ergebnisse zeitigen zwei Methoden:
- die Verpflanzung intakten Knorpels innerhalb des Gelenks (OATS) und
- die Anregung neuen Knorpelwachstums durch Aufbrechen des Knochens (Mikrofrakturierung).
Bei der Verpflanzung von Knorpel innerhalb des Gelenks werden aus nicht belasteten Gelenkanteilen intakte Knorpel-Knochen-Zylinder mit einem Durchmesser von etwa einem Zentimeter gehoben und ein vorhandener Knorpeldefekt damit aufgefüllt.
Bei der zweiten Methode, der Anregung neuen Knorpelwachstums durch Aufbrechen des Knochens wird der Knochen an mehreren Stellen mit einem kleinen spitzen Meißel eröffnet. Anschließend strömen aus dem Markraum Stammzellen ins Gelenk. Aus den Stammzellen bildet sich innerhalb von wenigen Wochen im Defektbereich eine Knorpelnarbe (Abb. 3 und 4).
Abb. 3 Dieses Arthroskopie-Standbild zeigt einen zirka 1,5 cm im Durchmesser großen Knorpeldefekt im Gleitlager für die Kniescheibe.
Abb. 4 Der knöcherne Grund des Defekts wurde an 3 Stellen aufgeschlagen, damit Stammzellen ins Gelenk einwandern können und sich aus den Stammzellen Ersatz-Knorpelgewebe bilden kann.
Mit beiden Verfahren können aber nur kleine Defekte behandelt werden. Sie werden bei jüngeren Patienten mit isolierten Knorpelschäden und bei älteren Patienten häufig in Kombination mit einer Beinachsenkorrektur angewendet. Bei großflächigen Knorpeldefekten im Rahmen einer langjährigen Gelenkabnutzung (Arthrosen) kommen diese Verfahren jedoch zu spät. In diesen Fällen hilft nur noch der Gelenkersatz weiter.
Kann man mit Spritzen Knorpel wieder aufbauen?
Diese Frage wird dem Orthopäden häufig gestellt. Und sie lässt sich mit einem klaren „Nein“ beantworten.
Knorpel ist im Gegensatz zu Knochen oder Muskulatur nicht durchblutet und deshalb nicht regenerationsfähig. Einmal abgenutzter Knorpel ist unwiederbringlich verloren. Es gibt kein Medikament, das Knorpelwachstum anregt. Das einzige, was man bei zunehmender Abnutzung eines Gelenkes tun kann, ist, den Schmerz behandeln.